AGB, Rückgaberecht & Krisenkommunikation im Weihnachtsgeschäft
Kostenvoranschläge, Rechnungen, Mahnungen & Co.
Warum kommt es aktuell zu Lieferschwierigkeiten im Handel?
Stockende Lieferketten aus Asien, die zunächst vor allem die industrielle Teil-Fertigung in Deutschland betrafen, schwappen nun auf den Einzelhandel nieder. Gemäß einer repräsentativen Befragung des ifo Institut für Wirtschaftsforschung unter deutschen Einzelhändlern im September 2021 sind immer mehr Handelszweige von Lieferschwierigkeiten betroffen.
Chip-Krise, Holzpreis-Rallye und zuletzt deutlich erhöhte Frachtraten in der Schifffahrt setzen zunehmend auch Einzelhändler unter Druck. Das sind besonders von Lieferengpässen betoffene Bereiche im Einzelhandel:
- Fahrradeinzelhandel (100 Prozent)
- Baumärkte (99 Prozent)
- Unterhaltungselektronik (97 Prozent)
- Möbelhändler (94 Prozent)
- KfZ-Handel insbesondere E-Mobilität (88 Prozent)
- Elektronische Erzeugnisse und Haushaltsgeräte (82 Prozent)
- Computer und Zubehör; Software (78 Prozent)
- Lebensmitteleinzelhandel (47 Prozent)
Die Beschaffungsprobleme aus der Industrie sind nun auch hier (Anm. d. Red.: im Einzelhandel) angekommen. Manches Weihnachtsgeschenk wird vielleicht nicht lieferbar sein oder teuer werden.
- Klaus Wohlrabe, Stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen
Wie entwickelt sich das Konsumverhalten der Menschen in Deutschland?
Weihnachtsgeschäft 2021 ohne Ware - Wie soll das gehen? Lichtblick für Händlerinnen und Händler ist umgekehrt das aktuelle Konsumbarometer des Handelsverband Deutschland. Das HDE-Konsumbarometer erscheint monatlich und basiert auf einer Umfrage unter 1.600 Personen zur Anschaffungsneigung, Sparneigung, finanziellen Situation und anderen konsumrelevanten Faktoren. Die Studie ist bevölkerungsrepräsentativ.
In seiner November-Ausgabe verzeichnet das Konsumbarometer eine steigende Anschaffungsneigung unter Verbraucherinnen und Verbrauchern. Vor allem im Vergleich zum Vorjahr sei die Bereitschaft zu Konsumausgaben etwas größer. Mit Blick auf die bevorstehenden drei Monate zeigten sich die Befragten insbesondere bei der eigenen Einkommensentwicklung optimistischer und damit auch bei ihren geplanten Anschaffungen freigiebiger.
Diese leichten Verbesserungen stehen jedoch nach wie vor unter dem Eindruck erneut ansteigender Corona-Infektionszahlen, der aktuell hinter ihren Erwartungen zurückbleibenden konjunkturellen Entwicklung sowie einer gestiegenen Inflationsrate. In Folge dessen gingen Verbraucherinnen und Verbraucher auch von steigenden Preisen aus.
Die Industrie hat Preiserhöhungen angekündigt und diese kommt jetzt zwangsläufig im Einzelhandel an.
- Klaus Wohlrabe, ifo Zentrum für Makroökonomik und Befragungen
AGB, Rückgaberecht und Krisenkommunikation im Weihnachtsgeschäft 2021
Die aktuelle Situation zwischen Lieferschwierigkeiten und Konsumverhalten ist für kleine Händler eine doppelte Herausforderung. Zwar sind Kundinnen und Kunden für möglicherweise auftretende Lieferengpässe sensibilisiert und trotzdem kaufbereit, gleichzeitig bedeuten erwartbare frühzeitigere Bestellungen jetzt eine besondere Organisation deiner Vermarktung sowie Anpassungen im Bereich Logistik.
Das sind die wichtigsten Hebel für rechtssichere Angaben im Online-Shop:
1. Nutze aktuelle Angaben zur Warenverfügbarkeit
Um eine rechtssichere Geschäftsbeziehung auch unter aktuellen Lieferschwierigkeiten aufrechtzuerhalten, musst du beim Thema Warenverfügbarkeit besonders achtsam sein. Finden Kundinnen und Kunden keine gesonderten Angaben wie „Ausverkauft“ oder „Demnächst/In Kürze wieder lieferbar“ dürfen sie davon ausgehen, dass Produkte „sofort verfügbar“ sind, auf jeden Fall innerhalb der von dir sonstig angegebenen Zeitspanne. Nutzt du ein System der konkreten Angabe von Verfügbarkeiten, z.B „1, 5 oder auch 20 Stück“ musst du zudem sicherstellen, dass die Informationen zur Warenverfügbarkeit in Echtzeit gewonnen werden. Hierüber hat das Oberlandesgericht Rostock noch einmal Klarheit geschaffen: vgl. OLG Rostock Beschluss vom 24.02.2021 - 2 U 13/20; siehe die Ziffern 12 - 14.
2. Stelle rechtssichere Angaben zu Lieferzeiten bereit
Die Angaben zu Lieferzeiten sind ebenfalls eine Gefahrenquelle für Rechtsstreitigkeiten im Weihnachtsgeschäft und darüber hinaus. Willst du keine Abmahnung riskieren aber gleichzeitig das Bedürfnis nach Sicherheit unter deiner Zielgruppe stärken, gilt bei der Formulierung von Lieferzeiten die Faustregel „So allgemein wie nötig, so konkret wie möglich“.
Kundinnen und Kunden müssen in der Lage sein, den Lieferzeitpunkt bei der Bestellung zu berechnen. Vermeide deshalb zu allgemeine Aussagen, wie z.B. „in der Regel lieferbar“ oder „voraussichtlich“, aber mach auch keine Versprechungen, die du unter aktuellen Bedingungen nicht halten kannst.
Für ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft empfehlen sich haltbare Formulierungen wie „Heute (5.11.) bestellt - Lieferung bis zum Heiligabend garantiert”.
3. Informiere über verlängerte Widerrufsfristen und Rückgaberegeln
Optimiere serviceorientiert deine Rückgaberegeln. Die gesetzliche Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und darf grundsätzlich nicht unterschritten werden. Willst du, dass Kundinnen und Kunden trotz möglicher Lieferengpässe mit einem guten Gefühl bei dir einkaufen, kannst die Widerrufsfrist und Rückgaberegeln großzügiger gestalten. Hierüber musst du Verbraucherinnen und Verbraucher vor Vertragsschluss ordnungsgemäß und gut sichtbar hinweisen.
4. Infomiere über verlängerte Rückgabefristen bei Amazon
Hast du einen Amazon-Shop oder nutzt Amazon FBA, unterstützt dich die Plattform aktuell ebenfalls mit Hinweisen zu verlängerten Rückgaberegeln im Weihnachtsgeschäft 2021.
Im Rahmen der verlängerten Rückgabefrist für Weihnachten von Amazon müssen die meisten Bestellungen, die zwischen dem 1. November 2021 und dem 31. Dezember 2021 (jeweils einschließlich) gekauft wurden, bis zum 31. Januar 2022 zurückgegeben werden können.
Für eine rechtssichere Geschäftsbeziehung müssen Händler ihre Angaben im Abschnitt Warenrücksendungen, Garantien und Erstattungen auf der Seite mit den detaillierten Verkäuferinformationen aktualisieren, um Kunden über die verlängerte Rückgabefrist für Weihnachten zu informieren.
Das verlängerte Rückgaberecht gilt jedoch nicht für alle Waren. Davon ausgenommen sind u.a. die folgenden Produktkategorien: Hygieneartikel; Unterwäsche; Lebensmittel oder personalisierte Produkte. Für bestimmte Waren gilt zudem die Pflicht der versiegelten Rückgabe, z.B. im Fall von CDs, DVDs und Blu-rays.
Praxis-Tipp: Einkaufsfinanzierung mit Finetrading
Auch 2021 steht das in der Regel umsatzstärkste Quartal für viele Händlerinnen und Händler immer noch nicht unter einem strahlenden Stern. Alternative Finanzierungslösungen wie Finetrading unterstützen kleine Händler beim Material- oder Wareneinkauf in saisonalen Hochzeiten und bei Liquiditätsengpässen. Zahlreiche private Finanzierungspartner übernehmen hierfür die Vorfinanzierung. Kleinere Händler genießen dadurch gleich mehrere Vorteile. Du kannst größere Mengen an Waren einkaufen und zahlst diese flexibel nach Vereinbarung zurück. Durch die sofortige Bezahlung von Lieferanten kannst du zudem Sonderkonditionen wie z.B Skonto aushandeln. Mit Finetrading gewinnst du Liquidität für dein unternehmerisches Wachstum.
5-Punkte-Checkliste Kundenkommunikation im Weihnachtsgeschäft
Auch und gerade in schwierigen Zeiten ist eine proaktive Kundenkommunikation das A und O für deinen wirtschaftlichen Erfolg. Das „Gute“ an der aktuellen Situation aus Lieferengpässen und verhaltener Konjunkturentwicklung ist die weitreichende Betroffenheit zahlreicher Branchen und Wirtschaftszweige sowie das hierfür vorliegende öffentliche Bewusstsein.
Gelingt es dir jetzt, trotz der äußeren Widrigkeiten in deiner Kundenkommunikation ehrlich und transparent sowie gleichbleibend aktuell aufzutreten, sicherst du dir im besten Fall gute Mundpropaganda unter Bestands- und potentiellen Neukunden.
Nutze diese 5 Tipps für eine offene Krisenkommunikation:
- Sei vorbereitet und prüfe deine Lieferketten auf mögliche Schwachstellen (verifizierter Bestandsaustausch mit Lieferanten)
- Informiere Kundinnen und Kunden proaktiv und regelmäßig über mögliche Lieferschwierigkeiten
- Sei ehrlich und freundlich und vermeide falsche Versprechungen
- Prüfe Warenverfügbarkeiten regelmäßig und nutze validierte emotionale Stellschrauben („lieferbar bis Heiligabend“)
- Sei freundlich im konkreten Schadensfall („nicht (rechtzeitig) lieferbar“ ) und biete Alternativen an
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