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Selbstständig und Krank: So sicherst du dich ab

Grippewelle, Corona-Winter oder ein plötzlicher Unfall, sind Selbstständige nicht ausreichend abgesichert, droht schnell ein existenzgefährdender Verdienstausfall. Wir geben einen Überblick zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, Möglichkeiten der privaten Vorsorge sowie Entschädigungsansprüchen in der Corona-Pandemie.

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Selbstständig und Krank: So sicherst du dich ab

Krankheit und Selbstständigkeit: Formen der Absicherung

Für Selbstständige ist das Thema Absicherung im Krankheitsfall von besonderer Wichtigkeit. Anders als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, können Unternehmerinnen und Unternehmer nicht ohne weiteres auf den Leistungskatalog der GKV zugreifen, sondern müssen Verdienstausfälle in erster Linie eigenverantwortlich absichern.

Neben der grundsätzlichen Ratsamkeit der Rücklagenbildung für mindestens drei Monate hast du die Wahl einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese besteht im Fall einer Gründung bis zu drei Monate ab der Gewerbeanmeldung.

Endet eine zuvor bestehende Versicherungspflicht in der GKV aufgrund der Aufnahme einer Selbstständigkeit, hast du insgesamt zwei Wochen Zeit, um entweder deinen Austritt zu erklären oder aber du bleibst als freiwilliges Mitglied in der GKV versichert. Wird der Austritt erklärt, kannst du dich sofort für einen Anbieter einer privaten Krankenversicherung entscheiden und bist über diesen versichert.

1. Freiwillig versichert in der GKV

Bist du als Selbstständige*r freiwillig versichert in der gesetzlichen Krankenversicherung, profitierst du von zahlreichen Versicherungsleistungen auch bei längerem Krankheitsfall. Solltest du z.B. ins Krankenhaus müssen, hast du ab dem 43. Tag der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankentagegeld. Hierfür zahlst du einen höheren Beitrag, aktuell sind dies im Versicherungsjahr 2021 0,6 Prozentpunkte mehr über dem allgemeinen Beitragssatz und insgesamt 14,6 Prozent.

Willst du früher den Anspruch auf Krankentagegeld nutzen, besteht die Möglichkeit einen Wahltarif bei der jeweiligen gesetzlichen Krankenversicherung zu vereinbaren. Dann sind auch frühere Hospitalisierungen ausreichend versichert (ab dem 15. oder 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit).

Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenze

Grundsätzlich richtet sich die Höhe der Beitragszahlung bei hauptberuflich Selbstständigen anhand der aktuellen Beitrags­sätze und des beitrags­pflichtigen Einkommens. Als beitragspflichtiges Einkommen zählen sämtliche Einkünfte, die Selbstständige erzielen. Zusätzlich zum steuerrechtlichen Gewinn aus deiner unternehmerischen Tätigkeit sind dies u.a. Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung, Zinsen oder Dividenden, Unter­halts­zahlungen von einem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner, Zahlungen aus einer gesetzlichen Rente, Betriebs­renten oder Direkt­versicherungen.

Bei der Berechnung des individuellen Beitragssatzes werden nur Einkünfte bis zur Beitrags­bemessungs­grenze berücksichtigt. Diese liegt im Jahr 2021 bei 58.050 Euro im Jahr bzw. 4.837,50 Euro monatlich.

Zusammensetzung der Beiträge für Selbstständige in der GKV

Die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2021 setzen sich wie folgt zusammen:

  • Allgemeiner Beitrags­satz: Der allgemeine Beitragssatz inklusive Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Krank­heits­tag beträgt 14,6 Prozent.
  • Ermäßigter Beitragssatz: Für Selbst­ständige ohne Anspruch auf Krankengeld gilt der ermäßigte Beitrags­satz in Höhe von 14,0 Prozent.
  • Zusatz­beitrags­satz: Der durch­schnitt­liche Zusatz­beitrag beträgt 1,3 Prozent (je nach Kasse unterschiedlich).
  • Pflege­versicherung für Eltern: Versicherte, die Kinder haben oder unter 23 Jahre alt sind, zahlen 3,05 Prozent.
  • Pflege­versicherung für Kinder­lose: Kinderlose und Versicherte ab 23 Jahren zahlen 3,3 Prozent.

Bist du als hauptberuflich selbstständig Tätige*r freiwillig versichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und kinder­los, zahlst du insgesamt 18,6 Prozent deiner Einkünfte (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) für die Kranken- und Pflege­versicherung. In Zahlen betrachtet bedeutet dies bei der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes und des durch­schnitt­lichen Zusatz­beitrags eine Zahlung von monatlich rund 769 Euro für die Kranken­versicherung plus 160 Euro für die Pflege­versicherung. Daraus ergibt sich ein zu zahlender Höchst­beitrag von rund 929 Euro im Monat (18,6 Prozent von 4.837,50 Euro).

Wieviel Krankengeld erhalten hauptberuflich Selbstständige?

Zahlst du den allgemeinen Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung, erhältst du ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit in der Regel 70 % deines beitragspflichtigen Bruttoeinkommens als Krankengeld ausgezahlt. Wichtig ist ein ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig bestätigt, um keine unnötigen Einkommensverluste zu riskieren. Es muss sich um diesselbe Erkrankung handeln, damit das Krankengeld gezahlt wird. Längstens für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren können Selbstständige wegen derselben Krankheit Krankentagegeld erhalten.

Vorsicht gilt, solltest du keine Einnahmen, sondern Verluste erzielen. In diesen Fällen können auch die Leistungen zum Krankenhausaufenthalt bzw. der Absicherung einer mittelfristigen Arbeitsunfähigkeit bei Null liegen. 

Sollte die GKV mit ihrem allgemeinen Beitragssatz nebst Wahltarifen nicht für dich in Frage kommen, hilft eine private Krankentagegeld-Versicherung im Rahmen der PKV. 

2. Selbstständig und privat versichert in der PKV

Die Anforderungen zur Nachweispflicht bei Mitgliedschaft und im Krankheitsfall sind für Selbstständige in der privaten Krankenversicherung deutlich höher als in der freiwilligen Mitgliedschaft der GKV. Generell verlangen gesetzliche Versicherer keine umfangreiche Gesundheitsprüfung für eine mit allen Rechten und Pflichten geltende Mitgliedschaft. 

Umgekehrt sind PKV-Anbieter sehr akribisch in der Festsetzung individueller Tarife und der Anerkennung von Ansprüchen auf Krankengeld. Hier solltest du genau die Anforderungen des Dienstleisters deiner Wahl prüfen und ob diese mit den Gegebenheiten deines Berufsstandes in Einklang zu bringen sind.

3. Versicherte Berufe in der Künstlersozialkasse

Selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten sind ab einem Mindesteinkommen von 3.900 Euro jährlich in der Künstlersozialkasse versichert. Hier zahlst du genau wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte deiner Beiträge an die Künstlersozialkasse (KSK), die andere Hälfte generiert die KSK aus einem Zuschuss des Bundes und durch die von deinen Auftraggebern bzw. Verwertern zu zahlende Künstlersozialabgabe.

Die genaue Beitragshöhe in der Künstlersozialkasse bemisst sich am jeweiligen Arbeitseinkommen. Ausnahmen gelten, solltest du über kein gleichbleibendes Einkommen verfügen sowie für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger.

4. Leistungen aus der Unfallversicherung

Selbstständige sind zum Abschluss einer Unfallversicherung verpflichtet. Eine Wahlmöglichkeit besteht nur für wenige medizinische Berufsgruppen sowie in Bezug auf eine Versicherung über deine Berufsgenossenschaft (gesetzliche Unfallversicherung) oder einen privaten Anbieter.

Die Unfallversicherung schützt nicht nur Risikogruppen aus Gefahrenberufen des Handwerks, sondern auch und gerade Einzelunternehmer*innen aller Branchen ohne große finanzielle Rücklagen oder personelle Unterstützung im Ernstfall.

Praxistipp: Vereinbare bei Vertragsschließungen die Möglichkeit einer konkreten Vertretung im Krankheitsfall. Dadurch vermeidest du Kundenverluste, weenn du selbst einen Auftrag nicht ausführen kannst. Deine Auftraggeber müssen in diesem Fall erst die Vertretungsleistung in Anspruch nehmen, bevor sie u.U. komplett den Dienstleister wechseln. 

Unfallversicherungen in der jeweiligen Berufsgenossenschaft berücksichtigen bereits branchenspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses. Suchst du dir einen privaten Anbieter, solltest du auf die Berücksichtung berufsspezifischer Belange besonderen Wert legen.

Das sind die allgemeinen Leistungen einer Unfallversicherung: 

  • Medizinische Notfallversorgung,
  • Krankentransport,
  • Kosten für nötige Behandlungen und Hilfsmittel
  • Rehabilitationskosten, die die Krankenkasse nicht mehr übernimmt (z.B. Kosten, die durch längerfristige Verletzungen oder dauerhafte Schäden verursacht werden, u.a. Schmerzens- und Pflegegelder)

5. Berufsunfähigkeitsversicherung 

Bist du so schwer erkrankt, dass du deine selbstständige Tätigkeit aufgrund langfristiger Arbeitsunfähigkeit nicht ausüben kannst und erhältst du deshalb kein Krankentageld mehr, kannst du im Fall eines Abschlusses immer noch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zurückgreifen.

Zur Erinnerung: Krankentagegeld wird innerhalb von 3 Jahren nur maximal 78 Wochen für die gleiche Krankheit gezahlt, danach besteht kein Zahlungsanspruch mehr.  

6. Erwerbsminderungsrente aus der GRV

Bist du Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung hast du eine weitere Möglichkeit, um die wirtschaftlichen Auswirkungen einer langwierigen oder chronischen Erkrankung abzumildern. Unter der Voraussetzung bestimmter Versicherungszeiten haben freiwillig Versicherte in der GRV auch einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbs­minderung (EM-Rente).

Diese Voraussetzungen gelten für Leistungsbezug aus der Erwerbs­minderungsrente:

  • Vor Eintritt der Erwerbsminderung warst du mindestens fünf Jahre Mitglied (Es zählen neben Pflicht­beitrags­zeiten aus einer sozial­versicherungs­pflich­tigen Beschäftigung auch Kinder­erziehungs- und Pflege­zeiten oder freiwil­lige Beiträge).
  • Du hast in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflicht­beiträge gezahlt.

Die Erwerbsminderungsrente wird nur unter strengen Vorgaben bewilligt. Ein Anspruch auf die volle Rentenzahlung besteht nur, insofern du weniger als drei Stunden täglich irgend­einer Arbeit nachgehen kannst. Ein/e verunfallte/r Handwerker*in, der oder die zwar nicht mehr im angestammten Beruf arbeiten, aber durchaus eine Bürotätigkeit aufnehmen könnten, erhalten nicht den vollen Rentenbetrag. Unter Umständen kommt dann noch eine Teil­erwerbs­minderungs­rente zum Tragen. Diese umfasst in der Regel den hälftigen Leistungsbetrag. 

7. Arbeitslosengeld II

Selbstständige, die weder eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben und für die auch keinerlei Anspruch aus einer Erwerbsminderungsrente besteht, können immer noch Arbeitslosengeld II beantragen. Für Freiberufler*innen gilt in der Corona-Pandemie zusätzlich ein erleichterter Anspruch. Die Bewilligung erfolgt in der Regel für sechs Monate und unterliegt einer weiteren Prüfung deiner Bedürftigkeit durch die Behörden (Weiterbewilligungsantrag (WBA)).

Corona-Infektion: Quarantäne und Betriebsschließung

Neben den allgemeinen Gefahren des Alltags, stehen Selbststädnige und Unternehemrinnen seit März 2020 unter dem besonderen Druck der Corona-Pandemie. Diese hält Deutschland im Winter 21/22 weiterhin im Griff und stellt besondere Anforderungen an deine vorausschauende Vorsorge. Im Spannungsfeld von Betriebsrisiko und Betriebsschließung besteht auch für Selbstständige ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfall nach § 56 Infektionsschutzgesetz und zwar dann, wenn eine nicht selbst verschuldete Quarantäne angeordnet wird oder eine behördliche Betriebsschließung vorliegt. 

Für die ersten sechs Wochen des festgestellten Anspruchszeitraumes bemisst sich die Höhe der Entschädigung entlang deines Verdienstausfalls. Als Berechnungsgrundlage dient der Gewinn, der im Steuerbescheid für das vergangene Kalenderjahr festgestellt wurde. Mit Beginn der siebenten Woche erhalten Geschädigte noch eine Zahlung in Höhe von 67 Prozent des jeweils entstandenen Verdienstausfalls.

Ende Pandemische Notlage: Alles Lockdown oder was?

Am Donnerstag beriet der Bundestag erneut in einer hitzigen Debatte über das neue Infektionsschutzgesetz, das keine pauschalen Lockdowns, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen oder Betriebsschließungen mehr anordnen will. Demgegenüber steht ein juristischer Rahmen für 2G im öffentlichen Leben, 3G am Arbeitsplatz und ÖPNV sowie die Möglichkeit für 2G+ durch eine Sonderöffnungsklausel der Länder.

Die zehn CDU-geführten Bundesländer könnten das Gesetzespaket der Ampel-Koalitionäre am Freitag im Bundesrat noch stoppen bzw. auf Modifizierungen drängen. Fakt ist: Die vierte Welle ist da und ein Durchregieren auf Basis der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite ist nur noch bis zum 24. November 2021 möglich.

Unterdessen erhärtet sich der Eindruck parteipolitischer Scharmützel, die flächendeckende Lockdowns und Betriebsschließungen erneut als ein geeignetes Mittel zum Schutz der Bevölkerung zu verordnen suchen (CDU/CSU), wenn doch an diesem Punkt der Pandemie durchaus differenziertere und mildere Formen zur Wahl (Ampel-Koalition) stehen. 

Update am 19. November 2021: Der Bundesrat stimmte dem neuen Infektionsschutzgesetz am Freitag einstimmig zu. Die neuen Regeln lösen den noch bis zum 24. November geltenden Rechtsrahmen der Epidemischen Lage von nationaler Tragweite ab. Am 9. Dezember besteht die Möglichkeit in einer Sondersitzung möglicherweise notwenige Verschärfungen der Maßnahmen vorzunehmen.

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Über den Autor

Kathleen Händel

Kathleen schreibt im Magazin von Zandura und Unternehmenswelt über die wichtigsten News für Gründer und junge Unternehmen. Digitale Trends, Tipps für deine Marke, Gründungs- und Wachstumschancen erfährst du hier. Zuvor war Kathleen für Social Start-ups, Stiftungen und digitale Plattformen redaktionell verantwortlich. Seit 2019 ist Kathleen Chefredakteurin von Zandura.

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